Seelenort Schwalenburg

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Sehenswürdigkeit divers

Wallburganlage mit einem Durchmesser von 300 m und drei Ringwällen aus dem 8. bis 10. Jahrhundert

Ewig vergänglich

Warum? Als Reporter weiß ich, diese Frage ist besonders fruchtbar. Herr Lange, warum engagieren sich die „Freunde der Schwalenburg“ für eine uralte, fast verfallene Wallburg?
„Die Burg ist ein Teil unserer Geschichte“, erzählt er, während wir über das grasbewachsene Gelände schlendern. „Sie ist ein Teil von uns. Wer waren unsere Vorfahren, wie haben sie gelebt, was haben wir von ihnen übernommen? Dahinter steht ja auch die Frage nach der eigenen Identität.“  Soweit zur Vergangenheit. Lange verbindet sein Engagement aber auch mit einem Blick nach vorn: „Die Schwalenburg zieht Wanderer an, Ausflugsgäste, geschichtlich Interessierte. Lassen wir die Wälle überwuchern, verschwindet die Burg, und wir verlieren eine Attraktion. Sie zu erhalten, hält auch unser Dorf lebendig.“
Ein paarmal im Jahr organisieren die „Freunde der Schwalenburg“ Arbeits-Aktionen, bei denen die Wälle freigeschnitten und wucherndes Buschwerk entfernt wird. Mit Hilfe von Fördermitteln und beraten von dem Archäologen Dr. Armin Fuchs wurde im Jahr 2015 ein Ringwallweg mit Schautafeln angelegt. Regelmäßig finden Führungen für interessierte Gruppen statt. Auch der große Aussichtsturm in der Mitte des inneren Wallrings wurde in Eigenarbeit errichtet. Alles ehrenamtlich, nur das Baumaterial hat die Gemeinde Willingen bezahlt.
Wir stehen auf dem Burgring-Turm und genießen einen prächtigen Ausblick. Südöstlich liegt das Dorf Schwalefeld, für Lange ganz klar „das schönste im Upland“. Auf den nördlich gelegenen Wiesen im äußeren Ringwall grast eine kleine Herde Schafe und hält das Gras niedrig. Vom Ausguck kann das ganze Gelände eingesehen werden. Eine Zeitreise mit den Augen. Um das Jahr 800 begann man mit dem Bau des ersten Walls. Stein auf Stein, ohne Mörtel sorgfältig aufgeschichtet, Trockenmauern. Eine Quelle versorgte die Menschen und Tiere unterhalb des mittleren Wallrings mit Wasser – wahrscheinlich der wichtigste Grund, die Anlage genau an dieser Stelle zu bauen. Es wird Ställe und einfache Unterkünfte im Inneren der Burg gegeben haben, so vermutet man. In den 1000 Jahren, die vergingen, seit die Burg errichtet und genutzt wurde, sind viele Spuren verwischt worden. Wer baute die Burg, wer eroberte sie? Beherbergte sie das Gefolge Kaiser Karls des Großen, der auch viele Male auf seinen Kriegszügen gegen die Sachsen durch das Sauerland von einer Etappenstation zur nächsten zog? War die Schwalenburg eines dieser Nachschublager? Was machten die Bewohner, die im Sommer auf der Wallburg lebten, im Winter? Viele Fragen bleiben offen. Fest steht: Nach vergleichsweise kurzen 200 Jahren hatte die Festung ihre Schutzfunktion verloren und wurde verlassen.
Heute kann ich auf den Wällen umherspazieren. Meine Fantasie zieht Kreise, ähnlich wie die Ringe der mysteriösen Wallburg. Die leeren Wiesen dazwischen eignen sich prima als Projektionsfläche, um mir Kriege, Krisen und Kämpfe vorzustellen – Dramatisches jedenfalls. Vielleicht ging´s aber auch viel banaler zu, nicht selten besteht Soldatenleben aus Warten, Würfelspiel und Wäschewaschen. Frauen waren sicher auch dabei, sie zogen damals als Marketenderinnen mit dem Tross der Soldaten. Wie mag das Zusammenleben auf engstem Raum ausgesehen haben? Sicherlich gab es auch Gewalt und Streitigkeiten, wie immer, wenn Menschen zusammenkommen. Alles denkbar, alles verschwunden, der Vergänglichkeit anheim gegeben.
Auch die Ringwälle werden nicht ewig gleich bleiben. Schon heute bröckeln sie, und beharrlich versucht die Natur, sich ihr Terrain zurückzuerobern. Wenn dem nichts entgegengesetzt wird, nagt der Zahn der Zeit immer schneller an den noch übrig gebliebenen Wällen. Die natürliche Zersetzung zu stoppen, das ist es, worum es den „Freunden der Schwalenburg“ geht: Sie wollen eine wertvolle historische Quelle erhalten. Bei unserem Rundgang erzählt Willi Lange, dass bei geplanten Aktionen oft bürokratische Hürden zu überwinden seien, die es bei so einem gewaltigen Bodendenkmal und den unterschiedlichen Besitz- und Zuständigkeitsverhältnissen nun mal gibt.
 
Zurück auf dem Turm, frage ich ihn deshalb erneut: Warum bleiben sie dran, er und seine Freunde, trotz aller Widrigkeiten? Als Antwort zeigt er mir einige Seiten im Turmbuch, das in einem kupfernen Kasten für Gäste bereitliegt. Einige Eintragungen: „Ein toller Ort, um die Seele baumeln zu lassen.“ – „Wie herrlich die Schöpfung Jehovas, der Himmel, das Land…!“ – „Wir wollten Willigen erst wegen der Extrem-Party-Kultur meiden. Dann sind wir doch zum Mountain-Biken hierher und total begeistert. Landschaft, Leute und so viel Schönes für die Seele!“ – „Neues Leben wächst aus der Ruine.“ Es ist diese Wertschätzung, für den Ort und seine Bewahrer, die den Ehrenamtlichen immer wieder neuen Auftrieb gibt. Freude ist eine erneuerbare Kraftquelle. 

Autor: Michael Gleich
 
 
 
 
 





Gut zu wissen

Eignung

  • für Individualgäste

Fremdsprachen

Deutsch

Zahlungsmöglichkeiten

Eintritt frei

Anreise & Parken

Mit dem Auto über die B251
ÖPNV: Bus/Bahn bis Bahnhof Willingen, weiter mit Bus oder Anrufsammeltaxi (diverse Haltestellen in allen Ortsteilen)

Weitere Infos

Sauerland·Seelenorte – das sind Felsen und Steinbrüche, Kirchen und Bergkuppen, mächtige Bäume und unterirdische Grotten, Seen und Täler. 43 Orte, über die Sauerland-Wanderdörfer verteilt, wurden ausgewählt, weil sie besonders beeindruckend sind und für die Menschen in ihrer Umgebung eine besondere Bedeutung besitzen. Nicht nur heute, sondern auch schon zu früheren Zeiten. Sie berühren die Menschen emotional, geistig und spirituell. Sie rufen starke Resonanzen hervor. Es sind Orte, zu denen die Menschen wandern und wo sie abschalten können. Zu sich kommen. Die Ruhe genießen. Inspiriert werden. Neue Einsichten gewinnen. Auch wenn jeder Seelenort seine eigene Geschichte erzählt, gibt es eine Qualität,die alle verbindet: Lebendige Stille.

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